Nebenwirkungen von Homeschooling: Eine Schulumfrage

Allgemeines

Neue Welle, neue Einschränkungen – neues Homeschooling. Erneut heißt es wohl: Nach den Ferien ist vor dem Distanzunterricht. Was macht das mit den Jugendlichen, ihrer mentalen Gesundheit und ihrer Bildung? Um diese Fragen zu beantworten, führten wir an unserem Gymnasium eine Schulumfrage durch. Die Antworten wurden vollständig anonym ausgewertet.
Uns lagen letztendlich insgesamt 289 Umfrageergebnisse vor.

Diese wurden in zwei Altersgruppen getrennt ausgewertet: Zum Einen die 133 Umfrageergebnisse der Klassenstufen 5 bis 7 (etwa 10 bis 13 Jahre), zum Anderen die 156 Ergebnisse der Stufen 8 bis 12 (etwa 13 bis 18 Jahre). Die Umfrage ist also nicht allgemein repräsentativ, doch sie ermöglicht eine Einschätzung der allgemeinen Einstellung zum Homeschooling der Jugendlichen unserer Schule.

Den ganzen Tag zu Hause zu sitzen und auf einen Bildschirm zu starren ist schrecklich monoton und deprimierend? Tatsächlich sehen das viele der Befragten nicht so. Von den Jüngeren geben nur rund 19%, von den Älteren 21% an, dass es ihnen im Homeschooling so oder so ähnlich ergangen sei. Die Restlichen, in beiden Fällen etwa vier Fünftel der ehemals Distanzlernenden, kreuzten an, von zu Hause aus gut lernen zu können, sogar Spaß dabei gehabt zu haben oder sie gaben eine neutrale Antwort zum Lernklima von Zuhause aus.

Ähnlich positiv zeigen sich ebenso die Ergebnisse der Technikfrage. Hierbei gaben 81% der 10- bis 13-Jährigen sowie rund 88% der 13- bis 18-Jährigen an, in der Zeit der Videokoferenzen und des täglichen Checkens der Schulcloud die nötige technische Ausstattung zur Verfügung gehabt zu haben. In beiden Altersgruppen verneinten diese Frage nur jeweils 7 Personen.

Anders hingegen bewerteten die Befragten die Betreuung durch die Lehrkräfte. Während sich von den “Kleinen” immerhin 53% gut oder sehr gut betreut fühlten, geben von den Befragten der Klassenstufen 8 bis 12 etwa 72% an, weder gut noch schlecht oder sogar mangelhaft betreut worden zu sein.

Zur nächsten Frage ließ sich hierbei allerdings nahezu ein Widerspruch erkennen, denn dass ausreichend Online-Unterricht angeboten wurde, bejahten in beiden Altersgruppen etwa die Hälfte der Befragten. Mehr Videokonferenzen wünschten sich rund ein Zehntel der jüngeren und ein Viertel der älteren Jugendlichen, während auch jeweils ein großer Teil von ihnen der Frage neutral gegenübersteht. Dementsprechend hätte sich jeweils etwa ein Drittel der befragten Personen mehr digitale Unterrichtsstunden gewünscht.

Homeschooling als die Zeit der Überforderung? Tatsächlich gab in beiden Altersgruppen jeweils etwa ein Drittel der Befragten an, die Menge der Aufgaben sei zu schaffen gewesen, wobei die Auswertung der Umfrageergebnisse der Klassenstufen 5 bis 7 hierzu etwas positiver ausfiel als die der höheren Klassen, von denen zumindest rund ein Fünftel der Ergebnisse ein gegenteiliges Bild vermittelten.

Große Unterschiede zwischen den Klassen zeigten sich aber leider bei der Frage, ob die Jugendlichen elter- oder geschwisterliche Unterstützung beim Lernen erhalten hätten. Hierzu äußerten sich zwar drei Viertel der jüngeren Altersklasse positiv, jedoch verneinte die Frage etwa ein Drittel der älteren. Dementsprechend einsam fühlte sich dieses Drittel laut der achten Frage unserer Umfrage auch, während zwei Drittel der Jüngeren keine oder zumindest nicht vermehrt Einsamkeit verspürte.

Zum Abschluss unserer Umfrage wollten wir letztendlich wissen, ob die Lernenden unseres Gymnasiums den Online-Unterricht als eine sinnvolle Ergänzung zum herkömmlichen erachten. Hierzu äußerten sich in beiden Altersklassen rund zwei Drittel positiv oder neutral, nur 23% der “Kleinen” bzw. 31% der “Großen” lehnen Homeschooling als zusätzliche Unterrichtsmethode eher ab.

Die Umfrageergebnisse der Lernenden unserer Schule zeigen ein doch sehr unterschiedliches Bild auf als jene deutschlandweite Umfragen der Institute, die sich doch meist sehr negativ dem Homeschooling gegenüber äußern. Unsere Umfrage zeigt stattdessen eine eher positive Einstellung zum Lernen von Zuhause und der Bearbeitung der Aufgaben sowie einen, selbst hier in einer eher ländlichen Gegend, ausreichenden Zugang zur nötigen Technik. Negativ bewertet wurden stattdessen die bei einigen sicherlich nötige Betreuung und Unterstützung beim Lernen.

Die Meinungen und Erfahrungen zum Homeschooling sind unterschiedlich und viele Lernende hatten es sich anders vorgestellt, hätten vielleicht in der Rolle einer Lehrkraft einiges anders gemacht. In unserer Umfrage gab noch ein zehntes Feld, eines, in dem Platz war für individuelle Wünsche, zu äußernde Kritik und eventuelle Verbesserungsvorschläge jeder teilnehmenden Person.
Auch dieses haben wir ausgewertet und stießen dabei auf unterschiedlichste Aussagen: Einige hatten den Anschein, die Lehrkräfte besprächen und organisierten sich nicht untereinander, weshalb es für manche Tage zu viele, an anderen nahezu keine Aufgaben abzusenden gab, was die schulische Organisation erschwerte und viele durcheinander brachte. Um dem vorzubeugen, gab es den Vorschlag, die Aufgaben aller Fächer vollständig am Wochenende aufzugeben, damit man ihre Ausarbeitung auf die Woche verplanen könne.
Kritik gab es auch an elterlicher Überforderung und den zeitlichen Vorgaben sowie der Bewertung und Rückmeldung der Lehrkräfte, die teilweise gar nicht erfolgte oder erst sehr spät. Viele wünschen sich mehr Videokonferenzen und mehr sportliche Motivation, zum Beispiel durch kleine Challenges sowie kreative Aufgaben, um Eintönigkeit im Arbeiten von Zuhause vorzubeugen.
Einige wollen mehr Homeschooling, in dem sie ausschlafen und sich ihre Zeit frei und eigenverantwortlich einteilen können, andere bleibenden Wechselunterricht, den sie als gute Vorbereitung für ein folgendes Studium erachten. Doch viele zeigen sich auch erleichtert, wieder in die Schule gehen zu können und freuen sich über eine Unterrichtsergänzung durch die Schulcloud.


Mit Blick auf den nun doch erneut zu erwartenden Online-Unterricht wünschen sich viele Tablets für Zuhause, außerdem sollten die Fächer selektiert und die Aufgabenmenge in Nebenfächern verringert werden, um damit mehr Zeit für die Bearbeitung der Aufgabenfülle der Hauptfächer zu schaffen. Es wurde außerdem auffallend oft auf eine entstandene “Bildungslücke” verwiesen, auf die man Rücksicht nehmen solle.

Wir danken allen Teilnehmenden!

Ron Schlegel

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