Am Dienstag, dem 30.9.2025, fand für die Klassenstufen 9/10 und 11/12 in der 3. und 4. beziehungsweise der 5. und 6. Stunde eine besondere Begegnung statt. Der ehemalige Schüler Marty Sennewald, Doktorand der Literaturwissenschaft in Berlin und Autor, besuchte uns, um uns von seinem Debutroman über die Geschichte von Herbert Helmut Horst Held zu erzählen.
Herbert Held lebte von 1925 bis 1944 und schrieb während seiner Zeit als Soldat bei der Wehrmacht zwischen 1943 und 1944 ungefähr 80 Briefe an seine Mutter. Diese Briefe hatte Marty Sennewald auf dem Dachboden seiner Kindergärtnerin gefunden und beschlossen, mehr über den jungen Mann herauszufinden, der mit gerade einmal 18 Jahren bei dem Angriff der Alliierten in der Normandie ums Leben kam. Den Romanbeginn, der das Auffinden der hölzernen Briefebox auf dem Dachboden thematisiert, las Marty Sennewald ausdrucksstark vor.


Die Briefe führten uns durch die Geschichte und die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg, die untrennbar mit vielen solcher Einzelschicksale verbunden sind. Herbert Held war nach der militärischen Ausbildung in Erfurt und Frankfurt in Frankreich stationiert, jedoch berief man ihn als Teil der 15. Panzerdivision auch einige Monate in Ungarn ein. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als Deutschland die Deportation einer halben Million ungarischer Jüdinnen und Juden nach Auschwitz veranlasste. Ob Herbert davon wusste, bleibt fraglich, da aus den Befehlspapieren nicht hervorgeht, ob die Soldaten über den Zweck der Befehle Bescheid wussten. Eindeutig ist jedoch, dass er sich zu dieser Zeit in Budapest aufhielt. Jedoch rückte der Angriff der Alliierten immer näher und die 15. Panzerdivision wurde wieder in die Normandie verlegt. Herbert wartete dort sehnsüchtig auf seinen Heimaturlaub und schrieb Briefe an seine Mutter und seine Schwester. Der Heimaturlaub aber blieb aus. Das Bett, welches die Mutter daheim in Sondershausen für ihn warm hielt, sollte für immer leer bleiben. Private Details werden aus einigen der Feldpostbriefe bekannt. So schickte Herbert Seife nach Hause, zur Mutter und zur Schwester und mogelte beim Preis. Aus einem gut lesbaren Brief des Befehlsstabes an Herberts Mutter geht hervor, dass er noch während der ersten Welle des Angriffes der alliierten Truppen getötet wurde. Mit ihm seien noch zwei weitere deutsche Soldaten gestorben. Wie wahrheitsgemäß dieser Brief jedoch ist, kann heute nicht mehr genau rekonstruiert werden.


Doch eine Frage bleibt: War Herbert Held ein Täter, der dabei half, ungarische Jüdinnen und Juden in den sicheren Tod zu führen? Oder war er selbst nur ein Opfer der Zeit, in der er lebte, ein Zaungast, der ohnmächtig zusah, während der Zweite Weltkrieg in Europa wütete? Wir werden es wohl nie erfahren. Marty Sennewald wird der Geschichte Konturen verleihen bei der Fertigstellung des Romans. Gerade diese Einzelschicksale sind das, was den Apparat am Laufen gehalten hat. Angst vor Strafe, Unwissenheit über die Auswirkungen, Gruppenzwang. Was wäre gewesen, wenn niemand eingewilligt hätte, für das Deutsche Reich zu kämpfen? Ein Einzelner mag vielleicht nicht viel verändern können. Ein Einzelner kann nur zuschauen. Doch vielleicht sollen wir aus der Veranstaltung genau das mitnehmen: Viele können viel bewirken. Wenn also etwas passiert, womit ihr nicht einverstanden seid, dann erhebt eure Stimme. Vielleicht hört jemand zu!
Der Roman „Die Pappeln der Krone“ von Marty Sennewald ist voraussichtlich ab nächstem Jahr in den Buchhandlungen unseres Vertrauens verfügbar. Ich bin definitiv schon gespannt!
Euer Cedric