“Haltung zeigen!” – Von Diktatur und Anarchie: Die Gefahren des Extremismus‘ in Deutschland

❗️Haltung zeigen ❗️ Gastbeiträge

Dresden, der 08. September 2021, Oberlandesgericht, Prozessauftakt im Fall Lina E. Die Studentin ist angeklagt, in den beiden Jahren zuvor mehrere brutale Anschläge auf Personen in Sachsen und Thüringen geplant und durchgeführt zu haben, die sie selbst für rechtsextremistisch hielt. Das Urteil: Freiheitsstrafe. Fünf Jahre und drei Monate. Lina E. ist eine verurteilte Linksextremistin.

Potsdam, der 25. November 2023, Villa Adlon am Lehnitzsee. Politische Akteure, Unternehmende und Reichsbürger kommen zusammen und sprechen über ihre Idealvorstellungen der deutschen Politik. „Masterplan zur Remigration“ nennt Martin Sellner seine migrationspolitische Idee. Jubel bricht aus. Sellner ist, wie viele andere der damals dort versammelten, ein Rechtsextremist. 

Doch was bedeutet es, eine Extremistin oder ein Extremist zu sein? Und was macht Extremismus so gefährlich? Es folgt der Versuch einer objektiven Einordnung.

Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg schreibt zur Definition des Begriffes: „Extremismus lehnt den demokratischen Verfassungsstaat und seine Werte ab. Er missachtet Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit – und oft zeigt er Bereitschaft zur Gewalt.“ Hierzu muss gesagt sein, dass extremistische Menschen ihre Ideologien nahezu nie so formulieren würden, denn für viele dieser Menschen besteht ein völlig verklärter Definitionsrahmen der Begriffe DemokratieMenschenwürde und Rechtsstaatlichkeit. Und genau das ist es auch, was den Extremismus in jeder Form so gefährlich macht.

Viele Menschen in unserem Land sind unzufrieden. Manche sind unzufrieden mit ihrem Gehalt, manche mit ihrer Wohnsituation, wieder andere vielleicht einfach nur mit dem Angebot im Gemüseregal. Es ist normal, mit bestimmten Dingen unzufrieden zu sein; auch mit der Politik. Gut ist es, wenn man an dieser Unzufriedenheit arbeiten kann, wenn man den Willen dazu hat. Und das ist das Tolle an der Demokratie: Jeder Mensch in unserem Land hat die Möglichkeit, mit den Dingen, mit denen er unzufrieden ist, an die Politik heranzutreten oder selbst in die Politik zu gehen. Und wenn viele Menschen mit derselben Sache unzufrieden sind und sich dafür bzw. dagegen politische Mehrheiten finden, dann arbeitet man gemeinsam daran, diese Sache im Sinne aller zu verbessern. Hierfür ist es ganz besonders wichtig, viele verschiedene Menschen und ihre Perspektiven mit einzubeziehen.

Extremistische Menschen vertrauen unserer Demokratie oder ihrer Umsetzung in diesem Land nicht. Vielleicht glauben sie daran, aber halten sie nicht für die ideale Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens, denn sie zweifeln an grundlegenden Prinzipien unserer demokratischen Grundordnung, zum Beispiel daran, dass alle Menschen gleich sind und nach unserem Grundgesetz dieselben Rechte haben. Vor allem rechtsextreme Personen sind davon überzeugt, dass der Glaube, die Sexualität oder Hautfarbe eines Menschen seinen Wert mindert oder erhöht. Doch halt: Viele Menschen sind – leider! – Verfechtende solcher Denkweisen. Wann ist eine politisch rechtsstehende Person dann also ein Rechtsextremist?

Wie schon die eingangs gegebene Definition aussagt, sind rechtsextreme Personen nicht nur von ihren jeweiligen Ansichten indiskutabel überzeugt, sie scheuen oft auch nicht davor zurück, anderen diese auch unter der Androhung oder der tatsächlichen Anwendung von Gewalt aufzuzwingen. Mit diesen Menschen ist kein rationaler Diskurs mehr möglich, zumal viele von ihnen ohnehin Verschwörungsmythen aufsitzen und in einer alternativen Wirklichkeit meinen zu existieren, in der einfach kein Platz ist für Andersaussehende, Andersredende – Andersdenkende.

Doch bevor man bei Extremismus nun immer an rechten Extremismus denkt: Extremismus gibt es auch von links.

Linksextremismus zeigt sich allerdings häufig versteckter und ist in Deutschland nicht so weit verbreitet wie Rechtsextremismus – aber er ist da, und auch er ist gefährlich. Linksextreme finden ihre Feindbilder dabei häufig nicht in anderen Menschen, sondern in ihren Lebensweisen. Sie lehnen den Kapitalismus und die Globalisierung ab und kämpfen gegen eine angebliche staatliche Ausbeutung durch „die da oben“, womit meistens Menschen aus der Politik und solche mit viel Geld gemeint sind. Hierbei hat nicht erst Der Fall Lina E. aus Leipzig gezeigt: Auch linksextremistische Menschen schließen sich und/oder andere Menschen, die ihnen nicht in ihr ideologisches Weltbild passen, kategorisch aus der gesellschaftlichen Debatte aus und beantworten Ablehnung ihres Standpunktes mit Gewalt.

Es gibt neben diesen beiden Arten des politischen Extremismus natürlich noch andere Formen extremistischer Ideologie. Auch religiöser Extremismus, vor allem der Islamismus, und Reichsbürger, die sich allerdings oft als Untergruppierung des Rechtsextremismus einordnen lassen, sind gefährliche Formen der Ablehnung unseres Staates und seiner Einwohnenden. Dennoch sind links- und rechtsextremistische Menschen in Deutschland die verbreitetsten und derzeit gefährlichsten Feinde unseres demokratischen Gesellschaftssystems. Während der Rechtsextremismus sich eine Dystopie der Diktatur unter Ausschluss Andersartiger herbeisehnt, träumt der Linksextremismus auf der anderen Seite von einer utopischen Weltordnung, in der Kommunismus gewirtschaftet und die völlige Gleichheit eines jeden Menschen in Anarchie gelebt wird. 

Beide Extremismusformen sprengen zu ihren Seiten des politischen Spektrums hin die Grenzen der Demokratie. Was sie beide vereint? Beide angestrebten Gesellschaftsformen schließen bestimmte Bevölkerungsgruppen aus der als idealglorifizierten Gesellschaft aus und sind niemals auf Dauer umsetz-, geschweige denn aktiv auslebbar. Sie basieren auf Angst, Neid und Hass und resultieren in Gewalt. Sie schließen sich zu Interessensgemeinschaften, oft im Untergrund, zusammen und propagieren außerdem ihre jeweiligen Ideologien metaphorisiert oder ungefiltert nach außen. Und das Gefährlichste an ihnen: Sie indoktrinieren damit andere Menschen, die auch nicht mit dem politischen Ist-Zustand zufrieden sind.

Extremismus ist in jeder Form ein politisches Issue, das uns Sorgen machen muss. Deshalb ist es – besonders in Zeiten wie heute, in denen extremistische Kräfte bald Teil unserer regierungspolitischen Instanzen werden könnten – wichtig, demokratisch akzeptierte Ausprägungen des politischen Spektrums von ihren jeweiligen Extremen zu trennen. Sowohl links-alternative als auch rechts-konservative Perspektiven bereichern den demokratischen Diskurs und sind wichtige Teile der volksgemeinschaftlichen Kompromissfindung und jede Person, die sich dafür offen und gesprächsbereit engagiert, verdient unseren tiefsten Respekt. Es ist an uns allen, diese demokratischen Strukturen in unserem schönen Land aufrechtzuerhalten. Nur gemeinsam können wir die Vielfalt unseres Miteinanders auch im politischen Handeln stärken, indem wir an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, Vorurteile abzubauen und Minderheiten zu tolerieren. Indem wir jeden Tag auf‘s Neue die Grenzen dessen, was uns vermeintlich voneinander unterscheidet, überschreiten und einsehen, dass all diese geschlechtlichen, religiösen, äußerlichen und innerlichen Unterschiede vielleicht doch das sind, was uns alle zu einer einzigen, von den jeweiligen Andersartigkeiten eines jeden Menschen bereicherten Gesellschaft macht.

Die Demokratie räumt uns Recht und Möglichkeit ein, sie jeden Tag ein bisschen gerechter, ein bisschen bunter – ein bisschen besser zu machen. Nutzen wir sie. Und zeigen wir dem Extremismus und der Diskriminierung: Wir haben keinen Platz für Dich. 

Lasst uns „Haltung zeigen!“ und Grenzen überwinden!

Mika Schlegel

2 thoughts on ““Haltung zeigen!” – Von Diktatur und Anarchie: Die Gefahren des Extremismus‘ in Deutschland

    1. Un|ter|neh|men, das
      [aus mehreren Werken, Filialen o. Ä. bestehender] Betrieb (im Hinblick auf seine wirtschaftliche Einheit)

      un|ter|neh|mend, Adjektiv
      ein Unternehmen betreibend

      Unternehmende sind also Personen, die Unternehmen betreiben.
      Gern geschehen! 🙂

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