„Haltung zeigen!“ – Mit Slam-Poetry gegen Krieg!

❗️Haltung zeigen ❗️

Verlorene Jugend

Pläne für die Zukunft? Vergiss es. 
Ach, du willst noch deinen Abschluss? Lustig; vergiss es.
Setz´ dich an den Graben der Front statt den Tisch deines Klassenzimmers. 
Ja, der Graben der Front — mein neues Heim. 


Menschen schreien, doch daran bin ich schon gewöhnt, 
hoffe nur noch, dass ich es nicht bin. 
Doch die Chance, dass ich wirklich heil´ bleibe? 
Eigentlich null, aber das behalte ich ausschließlich für mich, 
meiner Familie sagen werde ich es nicht. 
Meine Familie hat selbst genug Sorgen und wie sollte es ein Fremder überhaupt verstehen? 
Jeder, der hier nicht dabei ist, wird eh nur die Propaganda sehen — Ruhm, Sieg, Kämpfe für das Vaterland. 


Das „Vater“ vor dem „Land“ klingt so lächerlich. 
Kein Vater würde seine Kinder in den grausamen Tod senden, 
er würde versuchen, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. 
Er würde „Haltung zeigen!“ und Frieden senden.


Tja, dennoch sehe ich Männer, die hier schon jahrelang misten — misten den Dreck, den sie nie verursachten. 
Das betrifft nicht nur meine Kameraden, sondern auch meine sogenannten Feinde. 
Meine Feinde — mein eigentliches Ebenbild. 


Wir sind alle hier Männer — Männer, die lieber tot wären, als die nächste Granate fliegen zu sehen. 
Mein Freund ist hier trotz Gemeinsamkeiten niemand. 
Lernst du jemanden kennen, wird er in der nächsten Sekunde weggesprengt. 
Wow, das war eng, fast wäre ich es gewesen, aber wäre das denn so schlimm? 
Anstatt mich mit Amputationen zu quälen und meiner Psyche, sogar im Urlaub, so,stoppe es doch jemand, statt mich durch den Dreck zu jagen.
Ja, irgendwann werde ich mit einer Verletzung im Gras liegen, 
meine Augen schließen, 
meine Ruhe genießen. 


Muss meiner gestohlenen Jugend nicht ins Auge sehen, 
auch nicht dem Schutt und der Asche der Nachkriegszeit. 
Aber was bedeute ich denn überhaupt noch? 
Bin nun eine komplett ausgebildete Kampfmaschine; mein Ebenbild ein Nutztier. 
Wir liegen bedeutungslos hier zuerst im Graben, 
zuerst im Graben der Front,
aber der jagt mich ins Grab – wenn ich überhaupt noch eins bekomme.

18.12.2024, Aliza Mahmood (entstanden im Kontext der Thematisierung des Romans „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque)

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