Die meisten von euch, die diesen Kommentar lesen, leben in Deutschland, einem demokratischen Staat inmitten Europas. Die Tatsache, dass jeder von euch seine eigenen Gedanken frei aussprechen darf, ohne fürchten zu müssen, politisch verfolgt zu werden, ist euch bewusst. Unter anderem wisst ihr, dass ihr vor dem Gesetz weder bevorzugt noch benachteiligt werdet, aufgrund eures Geschlechts, Glauben oder eurer Herkunft. Rechtlich gesehen ist jeder Bürger, laut der demokratischen Verfassung, innerhalb unseres Staats frei von Vorurteilen oder Unterdrückung. Realistisch betrachtet, durch persönliche Erfahrungen erwiesen und in Medien festgehalten, werden die Werte der Demokratie, wie die Freiheit, Toleranz und Gleichheit jedes Menschen, zwar auf Papier festgehalten, aber nur teilweise von den Bürgern ausgelebt.
Für mich als 17-Jährige bilden die Werte der Demokratie die Grundpfeiler meiner Zukunft in diesem Land. Deshalb stellt sich mir die Frage: Aus welchem Grund sollten wir nicht das wahren, worauf unsere Existenz aufbaut? Die Wahrheit ist, es gibt keine gerechtfertigte Begründung dafür – und trotzdem belegen Vorfälle und Daten der letzten Monate das genaue Gegenteil. Laut einer Bevölkerungsbefragung im Rahmen einer Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (Mai 2023), gaben ganze 78,9% der Befragten an, dass die Demokratie in unserem Heimatland gefährdet sei. Außerdem spiegeln die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen diese Gefährdung und vor allem die Unzufriedenheit der Bevölkerung wider. Für uns als Bürger sollte das ein Warnsignal sein, für unsere Regierung noch mehr ein Apell. Es ist ein Apell, kritische Themen, wie beispielsweise Migration, offen zu kommunizieren und den Menschen eine Stimme zu verleihen, damit sie Teilhabe innerhalb unserer Gesellschaft und ihrer Politik verspüren können
Wir als Bürger sollten außerdem Haltung zeigen und für unsere Demokratie einstehen, denn in einer Demokratie zu leben bedeutet keinesfalls automatisch die Verwirklichung ihrer Werte. Ein demokratischer Staat erfordert das Engagement aller Bürger – welche große Mitverantwortung tragen – um am Leben zu bleiben. Wählen gehen, die Teilnahme an öffentlichen Diskursen und vor allem Bildung und Aufklärung sind in einer schnellen Gesellschaft, in der wir alle leben, notwendig. Die Qualitäten der Demokratie müssen von Generation zu Generation weitergegeben werden, sodass der harte Kampf unserer Großeltern und Vorfahren für die Freiheit nicht umsonst war. Denn wir jungen Menschen leben in einer Zeit, in der wir das Privileg besitzen, entscheiden zu dürfen, wer wir sind oder sein möchten. Wir dürfen selbstständig entscheiden, ob es das Studium oder eine Ausbildung sein wird. Wir haben die Möglichkeit, uns diese Fragen zu stellen. Einige von unseren Vorfahren hatten diese Chance nicht. Nicht, weil sie nicht wollten. Schlicht, weil sie nicht durften.
Darum ist meine Bitte an euch: Bekennt euch sich zu den Werten der Demokratie, der Humanität und eurem Recht auf Freiheit, nicht nur für eure Familie und Freunde, sondern auch für eure Mitmenschen. Es ist unsere Verantwortung, Menschlichkeit zu zeigen, unsere demokratische Ordnung zu schützen und sie jeden einzelnen Tag in vollen Zügen auszuleben und somit in die Praxis umzusetzen, anstatt nur in einer leeren Hülle zu existieren, die diese Privilegien ausschließlich auf Papier belegt. Nur mit dieser Einstellung ist es uns möglich, gemeinsam Fortschritte zu erzielen und uns gegenseitig zu stärken.
Kinza Mahmood