Der Ukraine-Krieg im Kontext der Geschichte des 20. und 21.Jahrhunderts –
Ein Kommentar von Charlotte Werth
Es folgt die Fortsetzung des ersten Teils:
Kann man aber behaupten, dass „der Kalte Krieg nie vorüber war“?
Dazu muss man meiner Ansicht nach die These teilen. Der Behauptung, dass der Kalte Krieg nie vorüber war, stimme ich nicht zu. Nicht der Kalte Krieg, sondern der Ost-West-Konflikt prägt die Welt bis in die heutige Zeit und bis an den heutigen Tag.
Der Kalte Krieg war lediglich ein Zustand auf politischer sowie wirtschaftlicher Ebene, zu welchem sich der Ost-West-Konflikt verdichtete. Auch wenn die Auseinandersetzung historisch bereits für beendet erklärt wurde, ist er meiner Meinung nach immer noch Teil des Weltgeschehens – unsichtbar und versteckt vor der Öffentlichkeit.
Die NATO vergrößert sich im Laufe der letzten Jahre immer weiter Richtung Osten und erhielt neue Mitgliedsstaaten, darunter viele ehemalige Teile des Warschauer Pakts (Bulgarien, Estland, Lettland). Auch steht sie permanent in Verteidigungsbereitschaft und führt mithilfe von Battle Groups Kriegsübungen an den Grenzen Russlands durch. Der Westen liefert außerdem Waffen an die Ukraine, unterstützt sie also indirekt, ähnlich wie im Zuge der Stellvertreterkriege, in welchen die USA ebenfalls bestimmte Gebiete indirekt unterstützte.
Der Aussage, dass ein Ende der Auseinandersetzungen in unerreichbarer Ferne liege, würde ich dennoch zustimmen. Denn heute entlädt sich der Konflikt zwischen Ost und West und kann selbst einer bewussten Ignoranz nicht mehr entgehen.
Der Ukraine-Krieg basiert größtenteils auf den kontroversen Spannungen, welche die gesamte Geschichte zwischen der Ukraine und Russland kennzeichnen. Der Ost-West-Konflikt, die damit einhergehenden ideologischen Gegensätze und das Sicherstellen von ausreichend Schutz voreinander führen aber zum endgültigen Ausbruch des Krieges. Um diesen also zu verstehen, bedarf es nicht nur einer Reise in die Historie der beiden Staaten, sondern auch eines weitreichenderen Blickes auf die Beziehung zwischen den zwei großen Supermächten unserer Zeit und ihr wohl nie endendes Konfliktpotenzial. Und inmitten dieser stehen außerdem die anhaltende Rivalität zwischen der USA und dem Staat China, welcher sich indessen auf wirtschaftlicher Ebene zur dritten Supermacht etabliert hat sowie Indiens Verbindung zu Russland, was im gleichen Maße in Zukunft großen Einfluss auf die Geschichte unserer Welt nehmen wird.
Was heute bleibt, ist die eine Frage, welche sich unsichtbar über das Ausmaß von Zerstörung und Verwüstung und um die gesamte Welt legt:
Rechtfertigen schwerwiegende Gründe wie das Infragestellen territorialer Grenzen und die Nichtanerkennung der Ukraine als souveränen Staat und Völkerrechtsbrüche das sinnlose Töten von Menschen?