So brutal wie das NS-Regime auch war, gab es Personen bzw. Personengruppen, die sich zusammenschlossen und sich nicht der Diktatur hingaben. Unsere Schule ist benannt nach einem der bekanntesten Beispiele: den Geschwistern Hans und Sophie Scholl, welche Mitglieder der „Weißen Rose“ waren.
Neben der Jugendgruppe gab es jedoch auch andere Widerstandskämpfer, die heute kaum bekannt sind, wie z.B. Nikolaus Christoph von Halem und Heinz Koch. Beiden wird auf dem Sondershäuser Friedhof durch zwei Gedenksteine mit Widmungen gedacht. Wer diese Personen aber genau waren und was sie geleistet haben, bleibt weitgehend unklar.
Das Projekt unseres Gesellschaftswissenschaftskurses Klasse 9 befasst sich genau mit diesen Fragen und möchte zusammen mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Thüringen die Gedenksteine durch Informationstafeln ergänzen. Diese sollen vertiefende Informationen zu den beiden Biografien, zum Teil durch digitale Inhalte ergänzt, bereithalten und durch eine anschauliche Gestaltung den leichten Zugang für eine interessierte Öffentlichkeit ermöglichen. So sollen historische Erinnerungsorte in der Gegenwart verankert werden – gemäß des Projektthemas: „Erinnern braucht Wissen“.



Aber auch der Naturwissenschafts-Kurs der 9. Klassen beteiligte sich am Thema, indem sie das Denkmal vor unserer Schule bepflanzten und säuberten – ein Denkmal für die Opfer des Faschismus, die keinen Widerstand leisten konnten, aber für die Widerstandskämpfer mitunter der Grund waren, sich dem Regime nicht hinzugeben.
Der GeWi-Kurs befasste sich mit dem Thema bereits über mehrere Wochen, transkribierte dazu zahlreiche Briefe und wertete deren Inhalt aus. Experteninterviews wurden geführt, Verwandte ausfindig gemacht, Anfragen an die BBC und das Royal War Museum gestellt sowie Zeitleisten und Stammbäume erstellt. So entwickelten fünf Gruppen erste Entwürfe für die zukünftigen Informationstafeln für von Halem und Koch. Am vergangenen Freitag präsentierten sie diese Frau Melanie Ullmann von der Designagentur „artistil“ und bekamen grundlegende Hinweise zur digitalen Gestaltung von Infotafeln erklärt, bevor sie ihre Entwürfe noch anpassen und im Anschluss mit Frau Ullmann besprechen konnten. Sie wird auch im neuen Schuljahr die Gestaltung der Tafeln unterstützen.
In der gleichen Zeit, d.h. von der ersten bis zur vierten Stunde, säuberte der NaWi-Kurs mit Frau Hoffmann das Denkmal und bepflanzte nicht nur den Bereich drumherum, sondern plante auch die Gestaltung des vorgelagerten Abschnitts vor dem Denkmal und setze diese um. Die Pflanzen wurden von der Stadtverwaltung freundlicherweise bereitgestellt.



Zur fünften Stunde trafen sich die beiden Kurse schlussendlich zu einem digitalen Workshop mit Tim Lucht, einem Mitarbeiter der „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ in Berlin – eine seltene Möglichkeit für jeden, die Herr Sebastian Fehnl vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Thüringen organisiert hat.
Nach einem kurzen interaktiven Rundgang durch die Gedenkstätte, mithilfe von Fotos auf der vorbereiteten Power-Point-Präsentation, wiederholten wir Formen des Widerstands. Da das Interview sowie dessen Thema in den momentanen Lehrplan passten, brachten die zwei Klassen bereits Vorwissen ein, jedoch bleiben in der Geschichte immer wieder Fragen offen und Dokumentationen der Zeit werden hinterfragt. Genau damit beschäftigt sich die Gedenkstätte in Berlin seit Jahren, wie Herr Lucht erzählte, und bis heute werden neue Quellen gefunden und ältere geklärt. Sei es die Frage, wen man wirklich als Widerstandskämpfer bezeichnen kann oder ob die Dokumentationen der Zeit wirklich vertrauenswürdig sind bzw. vielleicht unter Einfluss externen Faktoren entstanden, die dafür sorgten, dass manche Fakten weggelassen bzw. abgeändert wurden. Dies trifft vor allem auf die Biografie von Heinz Koch zu. Dies macht Geschichte so komplex, aber auch interessant, weshalb Teile des GeWi-Kurses die Gedenkstätte in der Zukunft persönlich besuchen wollen, um mehr zu erfahren, aber auch Fragen zu klären, die den Schülern im Nachhinein einfielen.



Somit hat uns insbesondere das Live-Interview gezeigt, dass Geschichte nicht als „Vergangenheit“ abgestempelt werden kann, sondern uns bis heute noch beschäftigt und weiterhin beschäftigen wird. Aber nur, weil noch nicht alle Fragen geklärt werden konnten, sollte man nicht vergessen, was wir bereits wissen. Nein, wir sollten stattdessen erinnern und aus den Geschehnissen lernen, Opfer würdigen und das Hinterfragen und Interesse der Menschen an der Geschichte fördern. Denn nur so lernen wir vergangene Fehler zu vermeiden und unsere jetzige Lebenssituation stärker wertzuschätzen, so sehr, dass wir wie Widerstandskämpfer uns für die Rechte der menschen einsetzen wollen sollten, die in einer weniger privilegierten Welt leben.
Aliza Mahmood


